Chuck Norris is watching you!

Der Wahlkampfstand ist die harte Schule des politischen Erfolgs. Wie schlagen sich die Listen beim direkten Kontakt mit dem potentiellen Wähler? Für Teil 1 unser kleinen Serie hat Valerie Schönian beim SDS vorbeigeschaut.

Die Ikone des SDS. Daneben: Ein toter Philosoph.

Foto: Cora-Mae Gregorschewski

Knallbunte Plakate, die von den Bäumen an der Brümmerstraße prangen, vor der Mensa Stoßtrupps von Wahlkampfhelfer, die um meine Gunst buhlen. Selbst wenn ich wollte, ich könnte es nicht ignorieren. Seit einer Woche betrete ich den Campus in dem in dem Bewusstsein: Die Wahl kommt. Ich bin verunsichert. Wer gibt mir Orientierung?

Es treten gefühlte 184 Listen an, die sich hinter ziemlich obskuren Buchstabenkombinationen verbergen: OSI, EWI, AVL, USL, TheFiMu oder mein persönliches unaussprechliches Highlight: IsTurArIrS. Ein bekanntes Gesicht sticht aus diesem Chaos hervor – ein Mythos mit Cowboyhut und verwegenem Blick: Chuck Norris. Der kernige Texas-Ranger ist seit dem Bildungsstreik der Coverboy des SDS. Angeblich „schafft er den Bachelor in Regelstudienzeit“. Von dem Erfinder des Roundhouse-Kicks ermutigt, entschließe ich mich der Sache auf den Grund zu gehen und wage ich mich an den Wahlkampfstand des SDS. Dort haben sie noch mehr knallige Leitsätze anzubieten: „Schwarz-gelb abschalten.“ Waren schwarz und gelb nicht auch die Farben des Bildungsstreiks? Oder „Menschen vor Profite.“ Etwa als Schutzschilde? Ich bin verwirrt.

„Hallo, ich bin Erstsemesterin. Seit Tagen höre nur noch was von irgendwelchen Wahlen und verstehe ehrlich gesagt nur Bahnhof. Worum geht es hier eigentlich?“ Ein Gefühl der Beklommenheit ergreift mich. Wie wird der erfahrene Politaktivist reagieren, nun da ich meine Unwissenheit offenbart habe? Der Schweiß perlt an meiner Stirn herunter. Ich blicke unsicher zu allen Seiten. Bevor ich vor Scham im Boden versinke, trifft mich der wohlwollende Blick einer SDS-Wahlkämpferin. „Alles ganz einfach. Nächste Woche finden die Wahlen zum Studierendenparlament statt…“ Mit wenigen Vokalen und Konsonanten bändigt sie binnen Minuten das große Buchstabenmonster StuPa-Wahl. Anscheinend hat die Kommilitonin schon Übung darin, Erstis die Angst vorm ersten Mal zu nehmen. Und das gar ohne mich zu drängen, das Kreuz doch bitteschön beim SDS zu setzen. Wofür sie und ihre Liste steht, lerne ich natürlich trotzdem. Dafür muss sich auch niemand anketten, weder an Bahngleisen noch im Büro von Präsident Alt.

Endlich erleuchtet, drückt mir die freundliche Wahlkämpferin noch einen Sticker mit dem Abbild meines Jugendhelden in die Hand. Noch einmal blicke ich in die furchtlosen Augen, die mich ermutigt haben, aus dem Buchstaben speienden Monster ein stubenreines Schoßhündchen zu machen. Wenn ich jetzt auch noch den Bachelor in Regelstudienzeit schaffen würde.

Teil 2: “Die GHG schlägt wieder zu”

Teil 3: “Hoffen auf Guttenberg”

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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