AStA verteidigt Mehrheit – Urabstimmung enttäuschend

Eine Wahl ohne Sieger: Die Superwahlwoche endet in einem Widerspruch. Auch der Verstand so manches Wählers wirft Fragen auf. Von Hendrik Pauli.

Illustration: Cora-Mae Gregorschewski

Der Alte ist der Neue: Bei der Wahl zum 30. Studierendenparlament ist der amtierende AStA bestätigt worden. Nach dem vorläufigen Endergebnis erhält die Koalition der linken AStA-Listen 36 von 60 Sitzen. Das sind zwei mehr als in der abgelaufenen Legislaturperiode. Von insgesamt 47 angetretenen Listen verpassen lediglich drei den Einzug ins StuPa: die FSI IrTurArIrS, Perspektive Afrikanischer StudentInnen und die Liste für Exzellente Studienbedingungen.

Größte Gewinnerin der Wahl ist die Liste gegen die Veggie-Mensa, die mit bescheidenen Wahlkampfmitteln aus dem Stand zwei Mandate erringen kann. Das Leib-und-Magen-Thema der Fleischliebhaber trifft anscheinend den Nerv vieler Kommilitonen. Als stärkste Listen ziehen mit je vier Abgeordneten das Café Tatort und die Jusos ins StuPa ein. Sie werden im kommenden Jahr das Rückgrat der Opposition bilden. „Ein tolles Ergebnis“, freut sich Katharina Kaluza, Spitzenkandidatin der Jusos. Sie will sich vor allem für die bessere Kontrolle der AstA-Finanzen einsetzen. „Unser Ziel als Opposition bleibt ein Vertreter im Haushaltsausschuss. Allerdings wird das auch mit dem neuen AStA schwer zu machen sein.“

Jede Stimme zählt

Die AStA-treuen Fachschaftsinitiativen Mathe/Info, OSI, Psychologie, Wiwiss und (Kunst-)Geschichte sowie die Grüne Alternative (GA) erhalten je zwei Sitze. GA-Kandidat Falko Grothe zeigt sich zufrieden: „Die Studierenden haben die Arbeit des AStA und besonders der FSIn bestätigt.“

Eine derbe Schlappe musste die Grüne Hochschulgruppe einstecken. Statt wie bisher mit fünf wird die GHG im neuen StuPa nur noch mit drei Leuten vertreten sein. Die Liberale Hochschulgruppe gewann wie im Vorjahr zwei Mandate. „Eine Bestätigung unserer Arbeit”, findet Sven Hilgers, der auch 2011 für die Liberalen im StuPa sitzen wird. „Es hätte etwas mehr sein können. Immerhin waren wir im vergangenen Jahr die aktivste Oppositionsgruppe.“ Die schrillen Töne, die die LHG im Wahlkampf angeschlagen hatte, waren für den Wahlausgang offenbar ohne Bedeutung. Alle übrigen 33 Listen – 24 von ihnen AStA-treu – schicken je einen Vertreter ins StuPa.

Traditionell profitiert der AStA von einer geringen Wahlbeteiligung, da das Auszählverfahren kleinere Stimmanteile höher gewichtet. So reichen der Bachelor-Liste 34 Stimmen für einen Sitz – gerade mal drei mehr als nötig. Zum Vergleich: Die Jusos erhalten bei 265 Stimmen vier Sitze. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung mit 11,2 % um fast drei Prozentpunkte niedriger als 2010. Sven Hilgers, LHG, sieht die studentische Selbstverwaltung nach diesen Zahlen weiter geschwächt: „Wir müssen uns überlegen, wie man Campuspolitik für die Studierenden wieder attraktiver machen kann – und zwar gruppenübergreifend.“

Nach dem Streik ist vor dem Streik

Letztendlich wurde die niedrige Wahlbeteiligung auch der Urabstimmung zum Verhängnis. Für das Leitbild „Solidarische FU“, für das sich der AStA auf Initiative von Mathias Bartelt und Sarah Walz massiv eingesetzt hatte, stimmten 3209 der Wahlberechtigten mit „Ja“. Für ein positives Votum verlangt das Berliner Hochschulgesetz – wenn es um das Semesterticket geht – die Zustimmung von mindestens 10% der wahlberechtigen Studierenden. Das sind an der FU zur Zeit 33718. Auch wenn eine solches Quorum für Urabstimmungen zur Meinungsbildung nicht definiert ist, haben sich die Initiatoren sicher mehr erhofft. Man darf nun gespannt sein, wie sie mit dieser Enttäuschung umgehen werden.

Ein kraftvolles Zeichen hätte den linken Gruppen weiteren Rückenwind für ihre Protestagenda gebracht. Nachdem im Akademischen Senat eine – zumindest rechnerische – Mehrheit jenseits des konservativ-liberalen Professorenblocks zustande kam, sahen einige einen erfolgreichen Ausgang der Urabstimmung als Chance, die Themen des vergangenen Jahres noch einmal aufzugreifen: Einführung der Viertelparität, Abschaffung der Teilgrundordnung und die Kritik am neuen Rahmenkonzept für Lehre. Außerdem wurde bereits überlegt, die Bildungsproteste von 2009 neu zu entfachen.

Wählen ohne hinzuschauen

An den meisten Wählern dürfte die politische Nachbereitung allerdings vorbeigehen. Manche von ihnen schienen nicht einmal während der Wahlen richtig bei der Sache zu sein und setzten ihr Kreuz ohne hinzuschauen. An einigen Instituten waren akademisches und studentisches Wahllokal getrennt. Nicht allen Studierenden fiel das auf – und so wählten sie nur die Hälfte der Gremien.

Gemäß Satzung der Studierendenschaft muss das neu gewählte Parlament innerhalb von drei Wochen zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten. Die Mehrheitsverhältnisse sind fast die gleichen, ebenso wie die vertretenen Gruppen. Bleibt abzuwarten, ob sich das positiv auf die Arbeitsfähigkeit des AStA auswirkt. Im letzten Jahr wurden einige Posten erst im Juli besetzt.

Anm. d. Red.: In der vorhergehenden Version des Artikels wurde der Unterschied zwischen Urabstimmungen zum Semesterticket und Urabstimmungen zur Meinungsbildung im Hinblick auf das Zustimmungsquorum nicht deutlich gemacht. Wir bitten dafür um Entschuldigung.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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7 Responses

  1. a. meise sagt:

    Zitat aus der AStA-Werbebroschüre:

    “Die Urabstimmung […] richtet sich im Kern an das Land Berlin […] sowie nach entsprechenden Änderungen des BerlHG an die Freie Universität […].”

    Heute habe ich Präsident Alt völlig verstört über den Campus irren sehen. Er schien irgendwas zu murmeln wie: “90 prozent, 90 prozent..was mach ich jetzt bloß?!?!”

    Und was die fehlende “Barriere” bei Urabstimmungen zur Meinungsbildung angeht, bleibt eigentlich nur eines festzuhalten:
    Billig S-Bahn fahren ist wichtiger als eine solidarische FU.

    Quod erat demonstrandum.

  2. blub sagt:

    vielleicht auch noch mal etwas, um den politischen Charakter der FURIOS-Schreiberlinge stärker hervorzuheben. Im Vorfeld wurde die Urabstimmung wie folgt erhöht:

    “Damit hat der noch amtie­rende AStA neben den StuPa-Wahlen eine wei­tere Hürde zu neh­men. Vom Erfolg der Urab­stim­mung hängt ab, ob er die Stu­die­ren­den­schaft in Zukunft noch glaub­wür­dig ver­tre­ten kann.” (unter “Riskantes Spiel”)

    nun haben 90% dafür gestimmt. was macht die furios draus? Erst: “Urabstimmung gescheitert”, dann nach Verbesserung “Urabstimmung enttäuschend”. Das kann man doch wirklich nicht ernst nehmen.

  3. blub sagt:

    Ich seh gerad, dass der AStA sich auch selbst dazu äußert:

    http://www.astafu.de/aktuelles/archiv/a_2011/presse_01-20a

  4. blub sagt:

    Lieber m,

    nun, vielleicht hast Du den Artikel erst nach der Änderung gelesen? Denn vorher schrieb die FURIOS, die Urabstimmung sei an der 10%-Hürde gescheitert! Dieser dumme Fehler wurde nach meinem Hinweis schnell korrigiert, allerdings nicht nachvollziehbar korrigiert. Es wird lediglich schwammig darauf hingewiesen, dass ein Unterschied zwischen Urabstimmungen und Semtix-Urabstimmungen nicht erkannt wurde. Spott war also angebracht, wenn eine Journaille versucht, etwas für gescheitert zu erklären, dem 90% der Wahlbeteiligten zustimmten.
    Nachwievor wird mir nicht klar, warum die Urabstimmung enttäuschend sein soll. Die Wahlbeteiligung ist wie früher und zugleich konnten die Studierenden nicht nur Listen wählen sondern diesmal auch klar ankreuzen, ob sie hinter den Inhalten stehen, für die der AStA eintritt. Das Ergebnis ist enorm positiv! Jetzt mit Analogieschlüssen zu jonglieren, um es schlecht zu reden, ist doch ein etwas durchscheinbares Argument.

  5. m sagt:

    Lieber “Blub” wie wahrscheinlich jeder juristische Laie hast du etwas sehr gut erkannt: die von der FURIOS (indirekt) genannte Schranke gilt speziell für den Semesterticket und nicht für eine sonstige von den Studierenden eingebrachte Urabstimmung.
    Als Nicht-Jurist konntest du wahrscheinlich – das mehrmalige lesen des BerlHG wäre hier auch nicht hilfreich – jedoch nicht wissen dass ein Berufen auf die Quotenregelung aus §18a BerlHG durchaus Sinn macht!

    Tatsache! Aber um das zu verstehen muss ich auch ein wenig ausholen. Folgendes Szenario: die Urabstimmung überschreitet die 10%-Hürde, sie wird sodann dem AS und/oder der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vorgelegt. Diese (welche grundsätzlich an die Urabstimmungen in allgemeinem nicht gebunden sind – diese haben nämlich nur beratende Funktion) lehnen eine solche Urabstimmung mit den Hinweis auf geringe Wahlbeteiligung ab (sagen wir die liegt bei 15%). Daraufhin könnte man erwidern: Herrschaften, aber selbst sie (als u.a. auch Landesgesetzgeber) haben ja erkannt dass eine höhere Wahlbeteiligung an den Berliner Hochschulen aus vielerlei Gründen problematisch sein könnte. Und aus dem Grunde auch haben Sie in einer, für die Studierende sehr wichtigen Angelegenheit, eine Mindestquote von 10% vorgeschrieben die, sobald sie erreicht ist, auch bindend (und nicht lediglich beratend) ist!
    Ein Nichtlaie würde sagen: in analoger Anwendung des §18a BerlHG sollte eine Uhrabstimmung bei Überschreitung der 10%-Hürde ihre bezweckte Wirkungen entfalten.

    Zurückt zu dem „ist-Stand“: Die „ja“-Stimmen entsprechen weniger als 10% aller Stimmberechtigter an der FU-Berlin. Leider wurde die 10%-Hürde nicht erreicht die die Chance geben würde sich auf das BerlHG berufen zu können. Dies wäre ein Argument welcher nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen wäre!

    „im übrigen haben über 90% für »ja« gestimmt“
    uii, was ist das für eine lustige Bemerkung?

    Ich hoffe „Blub“ du hast es jetzt auch verstanden und siehst auch ein dass das von mir Vorgetragene nicht zwingend in den Artikel rein sollte. Der FURIOS obliegt es nicht alles worüber berichtet wird juristisch detailliert darzulegen (das machen nicht einmal die größten deutschen Zeitungen).Wenn du dich jedoch nach Artikeln sehnst die das in sich Behauptete juristisch darlegen so empfähle ich dir folgende Lektüre: NJW (Neue Juristische Wochenschrift), JuS (Juristische Schulung), JURA und viele mehr!

    Im übrigen: über 90% aller juristische Zeitungen findest du auch am FB Rechtswissenschaft!

  6. blub sagt:

    im übrigen haben über 90% für “ja” gestimmt.

  7. blub sagt:

    HAHAHAHA!!!
    Liebe Furios, lest das BerlHG noch einmal. Das, was Ihr meint, steht unter §18a Semester-Ticket. Jeder juristische Laie bemerkt hier sofort: das gilt fürs Semesterticket. Warum wird das bei der Semesterticket-Urabstimmung so strikt gehalten? Weil ALLE Studierenden durch ein Semesterticket recht viel Geld pro Semester bezahlen müssen. Wofür gilt diese Barriere nicht? Für Urabstimmungen, die der Meinungsbildung unter den Studierenden dient. Welche wäre das z.B.? Richtig, genau die.
    Im übrigen schaut mal in die Wahlbekanntmachung des Studentischen Wahlvorstands, da steht nämlich eine Wahlbeteiligung von 10,94%.
    http://www.fu-berlin.de/sites/studwv/Urabstimmung/vorl__ufige_Ergebnisse_UA.pdf#hier
    Ihr seid echt zu witzig! :))

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