Der Versöhner

Ob Präsidium oder Asta – er ist der Kaugummi, der an ihrer Schuhsohle klebt. Der Langzeitstudent Mathias Bartelt hat erreicht, wovon andere nur träumen. Eine Würdigung von Max Krause

Mathias Bartelt - das Gesicht der Hochschulpolitik. Illustration: Luise Schricker

Entnervt klingt die Stimme von FU-Präsident Peter-André Alt, als er den nächsten Redner aufruft: „Herr Bartelt?“ Der angesprochene studentische Vertreter rückt sein Mikrofon zurecht und räuspert sich geräuschvoll. Dann erklingt seine sonore Stimme. Nach seinen ersten drei Sätzen hat er bereits auf fünf verschiedene Gesetzesparagraphen verwiesen, die das Präsidium mit seinem Vorgehen verletze. Dann holt er weit aus und erklärt, dass das aktuelle Thema bereits vor drei Jahren auf der Tagesordnung gestanden habe – und dabei nur ungenügend behandelt worden sei.

Nach fünf Minuten sieht man die ersten professoralen Vertreter im Akademischen Senat (AS) mit den Augen rollen. Mathias Bartelt ist in seinem historischen Abriss der Thematik gerade erst am Anfang, da fällt ihm der Präsident wüst ins Wort: „Herr Bartelt, ich muss Sie bitten, zur Sache zu kommen.“ Sollte diese Anmerkung überhaupt zu Mathias‘ Ohren durchgedrungen sein, zeigt er es jedenfalls nicht. Stattdessen geht er in den Endspurt: Die Fehler der Vergangenheit wiederhole das Präsidium nun. Hätte man von Anfang an auf ihn gehört, wäre dieses wie jedes andere Problem inzwischen längst gelöst.

Mathias Bartelt ist der Markus Lanz der Hochschulpolitik – er ist überall dabei, aber richtig cool findet ihn eigentlich niemand. Dass das Präsidium Probleme mit ihm hat, überrascht nicht. Doch in seiner langen Zeit an der FU hat er sich auch beim Asta und verschiedenen Hochschulgruppen unbeliebt gemacht.

Nach eigener Aussage begann Mathias‘ Aufstieg zur Macht 2003. Damals waren die heutigen Erstsemester, die er vertreten will, noch zarte neun Jahre alt. Politisiert wurde er – wie auch sonst – durch eine der Streikwellen, die zu jener Zeit gerade wieder über die FU rollte. Zunächst brachte er sich am eigenen Institut ein. Doch schnell wurde ihm klar, dass er zu Höherem berufen ist.

Es folgte sein persönlicher Marsch durch die Institutionen: 2008 bekam er einen Sitz im Studierendenparlament (Stupa), 2009 auch einen im AS. Danach erlitt seine steile Karriere einen Dämpfer: Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 erlangte er als Direktkandidat der Linkspartei im bürgerlichen Steglitz-Zehlendorf nur 2,2 Prozent der Stimmen – wenigstens ein Achtungserfolg.

An der Uni hat er zwischenzeitlich für eine Menge Furore gesorgt: Der Unileitung schüttet er gern ganze Wagenladungen Sand ins Getriebe. Er machte ein geheimes Dokument zu Problemen in der Lehre öffentlich. Davon war die damalige Vizepräsidentin derart empört, dass sie versuchte, ihm seinen Sitz in der Kommission für Lehrangelegenheiten zu entreißen. Später startete er eine Kampagne gegen den damaligen Präsidenten Dieter Lenzen. Eine Urabstimmung aller Studierenden sollte ihn von seinem Posten verjagen. Lenzen ging dann freiwillig, bevor es zur Abstimmung kam – sicher im vorauseilenden Gehorsam. Vor der Wahl von Präsident Alt soll Mathias außerdem vertrauliche Informationen über die Bewerber an die Presse gespielt haben, um einen öffentlichen Wahlkampf zu erzwingen.

Für dieses Engagement müsste ihn der Asta eigentlich innig lieben. Doch die Stimmung ist angespannt, zeitweise hatte er sogar Hausverbot in der Asta-Villa. Mathias will nämlich die totale Transparenz der Finanzen der Studierendenvertreter. Als Studierende im November den Sitzungssaal des AS besetzten um über das undemokratische Präsidium zu schimpfen, kam von Mathias der Vorschlag, erst einmal über Demokratie im Asta zu reden. Eigentlich sollte man meinen, eine Gruppe mit gemeinsamen Zielen lasse sich nicht allzu schnell spalten. Mathias beweist das Gegenteil.

Auch die Opposition ist nie richtig warm geworden mit dem Langzeitstudenten. Legendär sind die Online-Gefechte zwischen ihm und Wolf Dermann, einem früheren Mitglied der Liberalen Hochschulgruppe. Darin wirft Mathias ihm “eklatante Uneinsichtigkeit” und „maßlosen Hass“ vor. Auch andere Oppositionelle bekommen nicht gerade leuchtende Augen, wenn Mathias im Stupa zu einem seiner berüchtigten Monologe ansetzt.

Ein wenig scheint er diese Situation zu genießen. Vielleicht lebt er nach dem Motto „Viel Feind, viel Ehr‘“. Welches Ziel Mathias mit seinem Konfrontationskurs verfolgt, ist unsicher. Böse Zungen behaupten, er hoffe eines Tages vom Rechtsamt der Uni übernommen zu werden. Möglicherweise will er auch als wandelndes Paragraphenlexikon bei „Wetten, dass“ auftreten. Doch Markus Lanz und Mathias Bartelt in einer Show, das wäre wirklich zu viel des Guten.

So oder so muss man die Rolle würdigen, die Mathias Bartelt an der FU spielt: Er hat es geschafft, sich beim Präsidium, dem Asta und der studentischen Opposition gleichermaßen unbeliebt zu machen. In ihrer Ablehnung sind sich alle Gruppierungen einig. Und wer die Gräben kennt, die zwischen ihnen verlaufen, weiß, dass diese Einigkeit wahrlich eine bewundernswerte Leistung ist.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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15 Responses

  1. lene sagt:

    leute, könnt ihr überhaupt lesen? der artikel ist ein ganz normales portrait, wie man es auch in zeit, süddeutsche etc findet. gut geschrieben, persönliche note, und ganz und gar nicht diffamierend. bartelt ist dem autor sogar sympathisch. hättet ihr statt einem ausgewogenen blick lieber lobhudeleien gehabt? auseinandersetzung mit den politischen hintergründen muss ein portrait nicht zwingend leisten. ich glaube, hier wird nur kritisiert um der kritik selbst willen. typisch aktivisten an der fu: nur das sehen, was man will. alles kritisieren, aber bloß nicht sich selbst mal hinterfragen.

  2. Wolf Dermann sagt:

    … zumal der Artikel auch nicht geschadet hat. Mathias hat bei der AS-Wahl sogar die zweitmeisten persönlichen Stimmen erhalten.

  3. Sarah sagt:

    Was genau ist an dem Artikel eine Würdigung? Ich habe weder Zutreffendes noch Amüsantes darin gefunden und frage mich, warum der Autor, wenn er ja offensichtlicherweise eine persönliche Abneigung gegen Mathias hat, ihm dies nicht einfach per E-Mail mitgeteilt hat, anstatt seinen persönlichen Unmut in diesem Hochglanzmagazin veröffentlichen zu lassen.

  4. Yuca sagt:

    Ich finde diesen Artikel erbärmlich.
    Als studentisches Mitglied im Kuratorium habe ich immer gern mit Mathias zusammen gearbeitet. Auch erscheint mir dieser Artikel schlecht recherchiert, z.B. ist Mathias meines Wissens erst seit 2011 studentisches Mitglied im AS.
    Des Weiteren finde ich solch eine öffentliche Diffamierung seiner Person insbesondere kontraproduktiv in Hinblick auf studentisches Hochschulengagement, denn wer engagiert sich denn noch gern hochschulpolitisch, wenn man Angst haben muss, dass die eigene Person auf so eine Art durch den Dreck gezogen wird? Wie wäre es wenn ihr mal ein paar Lobesworte über das Engagement von Mathias schreibt, denn engagierte Menschen bräuchte die Hochschule noch viel mehr. Eine Gegendarstellung wäre daher wünschenswert.

  5. Wolf Dermann sagt:

    Ich find den Artikel gut. Mag daran liegen, dass ich als Publizist solche Stilformen schätze.
    Inhaltlich eine Ergänzung: So sehr ich damals der Meinung war, dass Mathias viel zu sehr über jedes Ziel hinausschießt und sich damit potentielle Erfolge zunichte macht, so sehr habe ich ihn aber auch für sein Engagement respektiert und wert geschätzt. Der Einsatz in den Uni-Gremien ist wichtig und im Vergleich zu all denjenigen, die sich davor drücken, sich mit Professoren anzulegen, um für die Studierenden etwas herauszuschlagen, ist Mathias ein Vorbild.

  6. Micha sagt:

    Trotz der berechtigten Kritik über den Stil und mancher beinahe rührenden Solidaritätsbekundungen ist der Artikel inhaltlich gesehen vollkommen zutreffend.

  7. Jan sagt:

    Also ich glaube dazu ist nicht viel zu zu sagen.. wer so einen Artikel veröffentlicht verliert jede Seriösität. Sagt echt mehr über das Magazin aus als über den ach so schlimmen Bartelt.
    Legt lieber die Feder hin und macht was anderes. Artikel schreiben überlässt man dann doch lieber Leuten die es können, oder?

  8. Rudi sagt:

    Ein Fernsehstudio vor den Toren von Köln. Ein alter Mann mit Lausbubengesicht sitzt vor einem Monitor. Scheinwerferlicht wirbelt umher. Ein Jingle kündet von Dramatik. Der Mann liest vom Monitor:

    Die sogenannten hochschulpolitisch Aktiven an der Freien Universität Berlin sind…

    A. Berufsrevoluzzer
    B. Berufsmoralisten
    C. Berufsbeleidigte
    D. Berufsluftpumpen

  9. Lasse Thiele sagt:

    Wollt ihr es unbedingt drauf anlegen, von allen als Campus-BILD wahrgenommen zu werden? Ziemlich erbärmlich, so eine persönliche Diffamierung, die als sachliche Grundlage nur sporadisch halb recherchierte Anekdoten zu bieten hat. DAS scheint auch die Einschätzung zu sein, über die sich tatsächlich von AStA bis RCDS alle einig sind. (Insofern habt ihr das, was ihr Mathias hier “zuerkennt”, höchstens selbst geschafft. Ganz großes Kino.)

    Der letzte Nackenschlag aus der Printausgabe fehlt ja glücklicherweise in der Onlineversion, macht’s aber auch wenig besser. Würdet ihr sowas über euch in einer Zeitschrift lesen wollen, die all euren Kommiliton_innen in die Hand gedrückt wird?

    Interessant auch, dass bei all den ordentlichen Artikeln, die ihr in letzter Zeit veröffentlicht habt, ausgerechnet dieses billige Teil es ins Hochglanzmagazin geschafft hat.

    Jedenfalls wäre es erhellender, wenn ihr euch mal intensiver mit den politischen Zusammenhängen auseinandersetztet, um die es auch bei den Auseinandersetzungen zwischen Mathias und Anderen jeweils geht – welche Seite auch immer ihr dann letztlich im Recht seht. Gäbe es jedenfalls keine Leute, die sich in den Gremien bisweilen auch mit der nötigen Penetranz für eure Rechte als Studis einsetzen, hättet ihr vermutlich längst keine Zeit mehr, euch neben dem Studium noch mit solchen Schreibübungen für die Boulevardpresse zu beschäftigen.

  10. Batti sagt:

    Ich schließe mich Ben und Tobi an. Hier wird jemand persönlich vorgeführt und das sogar mit Bild! Statt einer Diskussion über politische Inhalte werden geschmacklose Witze auf Kosten einer hoch engagierten Person gemacht. In den akademischen Gremien hat Mathias eine Menge für die Studierenden der FU geleistet. Man kann erhebliche Differenzen mit ihm haben, aber dies ist keine Art sie auszutragen.
    Auch die Implikation des Artikels, Mathias habe ein Hausverbot im AStA, weil er Transparenz fordere, ist schlicht falsch.
    Der Artikel ist zum Kotzen, Max.

  11. Gerd sagt:

    Das Ding ist, dass Mathias Bartelt für die, die grade mit ihm agieren, sehr nett und aufgeschlossen und vernünftig erscheint. Sobald man aber erfasst, was den ganzen Mathias Bartelt ausmacht – von 2003 bis heute, 2012, dann findet man einen Studentenvertreter, der seine Position immer dann geändert hat, wenn es ihm opportun erschien, um seine Macht zu erhalten. Er unterfüttert das mit aufrechten Worten und einem Anschein ausgiebiger philosophischer Bildung, ist aber wenig mehr als ein armer Kerl, der einfach nicht begreift, dass es nicht an ihm liegt, die Uni zu retten. Seine Argumente und seine Methoden sind aus einer Zeit, die seine Kommilitonen, die damals neun Jahre alt waren, gar nicht mehr verstehen. Im besten Fall haben sie einen romantischen Blick darauf. Viel wahrscheinlicher ist, dass er sie nicht mehr vertritt. Es wird Zeit, zu gehen.

  12. Tobi sagt:

    Bei aller berechtigten Kritik an Mathias ist dieser Artikel einfach nur…wie heißt nochmal dieses andere Zeug, was zeitweise auf den Straßen Berlins zu finden ist und unter Schuhsohlen klebt?
    Ich finde es zu tiefst beschämend, dass an unserer Universität etwas derart menschenverachtendes veröffentlicht werden darf, trotz aller Liebe zur Pressefreiheit!

  13. Nico sagt:

    Der Artikel ist sowas von daneben! Ihr solltet euch Schämen!!!!Das hat nichts mehr mit Journalismus zu tun, und als ein Mitglied des RCDS kann ich durchaus sagen, dass Herr Bartelt in der Opposition zuletzt durch ehrenwertes Engagement im Stupa aufgefallen ist und ganz und gar nicht verhasst ist. Hier wird versucht Oppositionspolitiker mundtot zu machen, in dem man eine Diffamierungskampagne gegen sie fährt.
    p.s. Den RCDS als undemokratisch zu betiteln ist mehr als ein schlechter Witz. Komm doch mal bei einem Treffen von uns, vorbei und du wirst merken, dass wir weder rassistisch noch undemokratisch sind, im Gegenteil jeder ist bei uns willkommen. ( unser derzeitiger Vorstand besteht zu 2/3 aus Ausländern)

    http://www.rcds-fu.com

  14. Ben sagt:

    bei der furios wundert sich mensch ja über nichts mehr. aber mit dem artikel habt ihr euch so dermaßen runtergelevelt. den begriff recherche möchte ich ja gar nicht in den mund nehmen, aber ihr schreibt hier einen artikel der eher nach billigem stammtischgespräch klingt. von matthias darf ja jede_r halten, was sie/er will, aber einen witz nach dem anderen auf seine kosten zu generieren ohne ihn zu wort kommen zu lassen ist peinlich. würde mich nicht wundern, wenn da auch noch rechtliche konsequenzen kommen.
    den undemokratischen rcds zitiert ihr an anderer stelle mit der forderung nach mehr fairplay im stupa und dann das.
    ich möchte mal einen von euch nasen sehen, wenn sie sowas über sich lesen müssten.

  15. Peter-André sagt:

    also dass Lenzen aufgrund einer drohenden studentischen Urabstimmung ging, ist in etwa so wahrscheinlich wie den Mauerfall David Hasselhoff zuzurechnen, weil er im Glitzerkostüm von Freiheit sang.

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