„Soft ist keine Haltung!“

Lucas Feicht ist 24 Jahre alt und hochschulpolitischer Referent des Asta. Er kandidiert für die Liste „Freie Bildung – Gegen Anwesenheitspflicht“. Wofür die steht, hat er Karl Kelschebach erklärt.

Lucas Feicht kämpft mit seiner Liste „Freie Bildung – Gegen Anwesenheitspflicht für mehr Freiheiten“ im Studium. Foto: privat

Lucas Feicht kämpft mit seiner Liste „Freie Bildung – Gegen Anwesenheitspflicht” für mehr Freiheiten im Studium. Foto: privat

FURIOS: Wie würdest du die politische Grundhaltung deiner Liste beschreiben?

Lucas: Wir sind eine linke, basisdemokratische Liste. Die Liste Freie Bildung – Gegen Anwesenheitspflicht ist aus dem Bildungsprotest heraus entstanden. Unser Fokus liegt daher auf den Veränderungen, die das Bildungssystem in den letzten Jahren durchlaufen hat: Zunehmende Zwangsmaßnahmen, wachsender Leistungsdruck.

FURIOS: Welche konkreten Forderungen leiten sich daraus ab?

Lucas: Was wir an der RSPO kritisiert haben, muss so schnell wie möglich zurückgenommen werden – etwa die Begrenzung der Prüfungswiederholungen auf zwei bis drei Versuche. Darüber hinaus fordern wir ein Studium generale – oder, um es weniger bildungsbürgerlich zu benennen: Mehr Wahlmöglichkeiten im Studium, damit auch kritische Inhalte in den Studiengängen zur Geltung kommen.

FURIOS: Das Präsidium wirft euch realitätsferne Maximalforderungen vor – wo wärt ihr denn bereit, Abstriche zu machen?

Lucas: Wir stellen keine Maximalforderungen. Dieser Vorwurf bezog sich vor allem auf die Frage der Prüfungswiederholungen, bei der unsere „Maximalforderung“ darin bestand, es beim Status quo zu belassen. Bildung entfaltet sich dort, wo es ohne Zwang und Leistungsdruck zu einem intellektuellen Austausch kommt – da bin ich nicht bereit, Abstriche zu machen. Es geht aber auch nicht darum, dass zwei Seiten möglichst scharfe Forderungen stellen, um dann am Verhandlungstisch hier und da etwas weg zu schneiden. Es geht darum, sich argumentativ auseinanderzusetzen.

FURIOS: Lassen die strukturellen Gegebenheiten an der FU eine argumentative Auseinandersetzung denn zu?

Lucas: Nein. Die strukturellen Gegebenheiten der FU sind darauf ausgerichtet, die Meinung der Studierenden nicht zur Geltung kommen zu lassen. Innerhalb der Gremien zeichnet sich das in der professoralen Mehrheit ab.

FURIOS: Die Stupa-Wahlen des letzten Jahres standen im Zeichen der RSPO. Mit welchem großen neuen Thema werdet ihr die Studierenden diesmal an die Wahlurnen drängen?

Lucas: Ich habe nicht den Eindruck, dass es ein einheitliches Thema gibt. Die Listen werden sich dieses Jahr stärker auf ihre speziellen Themen konzentrieren.

FURIOS: Was müsste in einem Koalitionsvertrag stehen, damit deine Liste ihn unterzeichnet, den Asta also weiterhin trägt?

Lucas: Der Asta muss Studierendeninteressen politisch vertreten und eine basisdemokratische Organisation der Studierendenschaft unterstützen – Protest und Kontroversen sind wichtig! Ein Koalitionsvertrag wäre da aber das völlig falsche Instrument, schließlich darf Politik nicht nur in zwei Stupa-Sitzungen pro Semester stattfinden. Ich möchte Studierende mobilisieren und nicht sechzig Leute abstimmen lassen.

FURIOS: Das hört sich nach Massenveranstaltungen an. Aber kennen euch die Studierenden überhaupt? Ihr habt ja nicht einmal eine Homepage…

Lucas: Was die Menschen auf meiner Liste angeht, denke ich schon, dass wir einen gewissen Bekanntheitsgrad haben. Wir haben in den letzten zwei Jahren genug Vollversammlungen organisiert. Weil mir basisdemokratische Organisation wichtig ist, mache ich darüber hinaus aber keine Werbung, um mich als „Studierendenvertreter“ zu profilieren.

FURIOS: Die kämpferischen Slogans linker Listen schrecken manche Studierende ab, selbst wenn sie inhaltlich mit euch auf einer Linie liegen. Warum versucht ihr’s nicht ein bisschen softer?

Lucas: Weil „soft“ keine Haltung ist. Die Studierenden sind an der Uni strukturell unterlegen: Wir dürfen am Katzentisch sitzen und ab und zu ein Veto einlegen – und dann ist Schluss mit der institutionalisierten Macht von Studierenden. Darum müssen wir selbstbewusst auftreten, um die eigene Position sichtbar zu machen. Eine softe Position nähme in meinen Augen ihr eigenes Scheitern vorweg.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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2 Responses

  1. Blumentopf sagt:

    Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass dieses Interview falsch verstanden werden könnte. Wenn Lucas z.B. auf die Frage nach demokratischen Strukturen an der FU mit einem deutlichen “Nein” antwortet ist das keine Überheblichkeit sondern jahrelange Erfahrung. Oft, wenn ich ihn getroffen habe, kam er gerade von irgendeiner Gremiumssitzung. Die Überschrift sollte man also nicht als Werbeslogan verstehen sondern als ernstgemeinte Erfahrung.

  2. Hört, hört! sagt:

    >>Ein Koalitionsvertrag wäre da aber das völlig falsche Instrument, schließlich darf Politik nicht nur in zwei Stupa-Sitzungen pro Semester stattfinden. Ich möchte Studierende mobilisieren und nicht sechzig Leute abstimmen lassen.<<

    Auf den Punkt gebracht! Wir bekommen nicht eine starke Studierendenschaft, indem menschen einmal im Jahr an die Wahlurne rennen – selbst wenn das mal mehr als 15% wären – und leute wählen, die sich dann zwei mal im Semester treffen!
    Hochschulpolitik ist – wie in der "echten" Politik auch – mehr als wählen gehen!

    Vielen dank daher, an die Aktivist_innen, die sich engagieren, uns informieren und sich imemr wieder für uns Studierende einsetzen!

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