„Den Happy Hooker gibt es nicht“

Leicht verdientes Geld und Abenteuer. So werben Escortservices, um Studentinnen zu beschäftigen. Dass dies nicht der Realtität entspricht, hat Sarah Ashrafian im Gespräch mit der Ex-Prostituierten Huschke Mau erfahren.

"Prostitution ist eine Verletzung der Menschenwürde", sagt Mau. Foto: Flickr, Emilio Labrador (CC BY 2.0)

“Prostitution ist eine Verletzung der Menschenwürde”, sagt Mau. Foto: Flickr, Emilio Labrador (CC BY 2.0)

Huschke Mau ist ehemalige Prostituierte. Nach ihrem Ausstieg gründete sie den Verein „Sisters – für den Ausstieg aus der Prostitution e.V.”. In unserem Heftartikel „Wer nicht vögelt, fliegt“ schätzte sie studentische Prostitution als sehr gefährlich ein. In diesem Gespräch hat sie ihre Bedenken diesem Milieu gegenüber noch einmal ausgeführt.

FURIOS: Frau Mau, laut einer Studie vom Studienkolleg Berlin kann sich jeder dritte Berliner Student vorstellen, in der Prostitution zu arbeiten. Können Sie sich das erklären?

Huschke Mau: Die Entwicklung in Deutschland ist momentan so, dass sich immer mehr Studentinnen prostituieren, auch weil Bildungschancenungleichheit herrscht. Zwar soll der Erwerb von Bildung in Deutschland kostenlos sein, er ist es aber de facto nicht. Studiengebühren, Bücher und so weiter kosten Geld, und zwar eine Menge. Es gibt sowieso schon zu wenige Studierende an den Unis, die aus Arbeiterfamilien kommen. Dass diese sich nun über den Umweg der Prostitution „hochschlafen“ müssen, um gleiche Chancen auf Bildung zu haben wie andere, ist ein Skandal!

Rein rechtlich ist der Job im Escort nichts anderes als jeder andere Studentenjob. Prostitution ist in Deutschland nun mal legal. Was heißt das für eine Gesellschaft?

Mau: Seit der Legalisierung der Prostitution ist Deutschland zum Eldorado für Frauenhändler und Zuhälter geworden. Es ist den Freiern egal, ob sie eine Zwangsprostituierte vor sich haben oder eine, die das „freiwillig“ macht. Männer lernen gerade, dass es legal und okay ist, sich Frauen zu kaufen, um sie für Sex zu benutzen. Teilweise leben sie mit und an diesen Frauen immer brutalere Phantasien aus. Sie lernen, dass sie das als Mann mit Frauen machen können. Dieses Wissen vergessen sie nicht, wenn sie aus dem Bordell kommen oder den „Hotelbesuch“ wieder weggeschickt haben. Sie betrachten auch nichtprostituierte Frauen danach mit anderen Augen, mit weniger Respekt. Wollen wir denn in so einer Gesellschaft leben?

Nach außen hin wird es oft so dargestellt, dass beim Escort zwei Menschen mit Niveau aufeinander treffen. Können Studentinnen damit rechnen, dass die Situation im Escortbereich besser ist?

Mau: Das Bild, das mit der Studentinnenprostitution einhergeht, halte ich für gefährlich. Es ist, von außen betrachtet, nicht die dreckige Straßenprostitution, wo Frauen sich für zehn Euro hergeben müssen. Aber der Akt an sich ist derselbe. Wenn die betroffene Studentin Glück hat, sind Ambiente und Bezahlung schöner und besser. Aber das macht die Traumatisierung nicht weniger gravierend.

Was halten Sie für die häufigste Fehleinschätzung, die Studentinnen machen, bevor sie sich prostituieren?

Mau: Überraschen dürfte die jungen Frauen auf jeden Fall, dass das Bild vom Happy Hooker, welches von der Pro-Prostitutionslobby verbreitet wird, nicht stimmt. Da sitzen nicht zwei Menschen, die einander attraktiv und sympathisch finden, in der Hotellobby und entscheiden sich, danach hochzugehen und geilen Sex zu haben und danach gibt’s auch noch Kohle. Folgende Gleichung geht einfach nicht auf: Ich prostituiere mich, also gibt es Männer, die mich begehren und die auch noch dafür zahlen. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Denn im tiefsten Kern bleibt Prostitution eine Demütigung und eine Verletzung der Menschenwürde.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

10 Responses

  1. Margot, Frankfurt am Main sagt:

    Eine Traumatisierung ist nicht gleichbedeutend damit ein hilfloses Opfer zu sein. Menschen werden traumatisiert, wenn sie schreckliches und unmenschliches erleben. Soldaten, die im Krieg dazu gezwungen werden andere Menschen zu töten, werden traumatisiert. Wir wollen Krieg und Prostitution abschaffen, nicht weil Soldaten und Prostituierte zwangsläufig hilflose Opfer sind, sondern weil Krieg und Prostitution unmenschlich sind und alle schädigen, die ihnen ausgesetzt sind. Den Auswirkungen der Prostitution sind auch die Frauen ausgesetzt, die nicht in der Prostitution tätig sind.

  2. Mary sagt:

    Prostitution hat mich kaputt gemacht, die Freier, die Zuhälter/innen, der Druck, der Zwang, der Ekel, die Gewalt, die Angst, die Scham, die Verzweiflung, die Hilflosigkeit und die unterdrückte Wut auf all das. Ich habe mich komplett verloren, fraglich ob ich je wieder gesund werde.

    Ich hatte so gut wie nichts von dem Geld und nun habe ich sowieso nichts mehr, nicht mal meine Seele.

  3. Roswitha Reger, München sagt:

    Hallo Silvia oder Silvio oder Kunstkaserne Berlin – erst mal die Identität einer Person ankratzen und sie der Lüge über ihre Lebensgeschichte bezichtigen, mehr ist Ihr Beitrag nicht. Ich kenne Huschke und schätze ihre Integrität sehr. Sie wird immer überzeugender sein als Ihr Werfen mit Dreck.
    Mehr braucht frau inhaltlich zu Ihrem “Kommentar” wirklich nicht sagen.

  4. Mit welchem Recht und aus welchen Quellen bestreiten Sie die Integrität von Frau Mau? Aus welchem Grund sollte sie lügen denn sie hat bestimmt nichts daran zu verdienen dass sie sich gegen die Prostitutionslobby positioniert. 99% der osteuropäischen Prostituierten üben diese demütigende Tätigkeit unter psychischem, körperlichem und existentiellem Zwang aus, täglich werden solche Fälle in Zeitungen gemeldet, und das ist die Spitze des Eisbergs denn aus dieser Parallelgesellschaft des Rotlichtmilieus entkommen nur minimal wenig Frauen, es ist ein “ANGSTmilieu”. Und dass die Frauen daran zugrundegehen wenn sie jahrelang als Onanierobjekte für beliebige Männer zur Verfügung stehen, dazu braucht man auch als Leserin und Mensch nur ein Mindestmaß an menschlicher Empathie. Vielleicht informieren Sie sich besser denn Ihre Behauptungen sind widersprüchlich und komplett falsch. SISTERS plädiert für ein SexKAUFverbot, für die Freierbestrafung und die Organisation hilft Frauen beim Ausstieg aus der Prostitution.

  5. Silvia sagt:

    Huschke Mau ist umstritten. Es gibt viele Stimmen, die sie für eine Journalistin halten, die nie in der Prostitution gearbeitet hat. Soweit gehe ich jetzt nicht, diesen Mutmassungen zu folgen, aber es ist nicht wirklich überzeugender Journalismus, eine Meinung unkritisch als alleinige Expertise zu einem Themenbereich zu präsentieren, der so dermassen komplex und umstritten ist, wie Prostitution. Das Interview bedient so wie es dasteht, allenfalls emotionale Bedürfnisse, Frauen (hier speziell die Prostituierten) als hilflose Opfer hinzustellen, die natürlich von der Hilfsorganisation Sisters gerettet werden müssen. Ein Geschmäckle, ein sehr deutliches Geschmäckle… Zumal Huschke Mau nicht bekannt ist, dass Prostitution schon seit 1927 legal ist, es ist seit 2002 nur nicht mehr sittenwidrig – aber auch das in sehr engem Rahmen. Zu 99% machen sich Prostituierte immer noch strafbar. Google ist Euer Freund.

  6. thekla sagt:

    Liebe Lena, erst hinter her merkt man das was nicht stimmt mit einem. Und auch wenn du das gern machst, bleibt die Tatsache, daß man Menschen nicht für Sex kaufen sollte. Sie sind keine Ware. Und Warum setzt ihr, die ihr denn hin so gern macht, euch nicht endlich für die Mädchen ein, die gezwungen werden?

  7. Julia sagt:

    Liebe Lena,
    verlassen Sie dieses gefährliche Terrain der Prostitution so schnell Sie können, es ist nur ein Rat. Die üblen Erfahrungen, Demütigungen, Verletzungen werden nicht lange auf sich warten lassen… glauben Sie Frauen die Erfahrung darin haben so wie Frau Mau. Denn alles was Sie als Prostituierte gegen Geld tun verhindert eine befreite Sexualität auf Augenhöhe. Bestehen Sie im Leben darauf dass Sie Geld für Ihre geistigen Fähigkeiten verdienen, jede Frau ist es wert und leben Sie Ihre Sexualität der Zuneigung willen….! Es gibte kaum eine Prostituierte die nicht ein gestörtes Verhältnis zur Partnerschaft mit einem Mann bekommt. Sie entwerten sich selber indem Sie Ihrer menschlichen Intimität ein Preisschild verpassen, sei es 20€ oder 200€!

  8. Lena sagt:

    schade, dass hier so einseitig über das Thema Prostitution berichtet wird. Von einem “furiosen” Studentenmagazin hätte man sich doch etwas mehr Vielschichtigkeit erhofft. Viele Frauen in der Sexarbeit, mich eingeschlossen, sehen die Dinge anders als Frau Mau. Niemand sagt, dass der Job leicht ist, aber hier pauschal von “Traumatisierung” zu sprechen geht an meiner Lebenswirklichkeit und der vieler meiner Kolleginnen vorbei. Wir machen diese Arbeit gern.

    • Kirsten sagt:

      Das wäre ja auch seltsam, wenn du was anderes schreiben würdest, denn solange du selbst drin arbeitest, könntest du ja garnicht sagen dass der Job Scheisse ist, weil dann müsstest du sofort aussteigen. Dumm gelaufen mit der Argumentation, oder? Deshalb Huschke Mau anzugreifen, ist daneben.

    • Jo sagt:

      Ich finde unangebracht, was für Abwertende Antworten hier auf Lenas Kommentar folgen.

      Es ist weder “daneben” anzumerken, dass frau andere Erfahrungen gemacht hat – Lenas Tonfall war ja wohl feinste gewaltfreie “Ich”-bezogene Kommunikation; kann mensch auch mal drauf klarkommen.

      Auch ungebeten platte Ratschläge abzugeben oder mit kleinen pseudologischem Tricks (wenn du Sexarbeiter_in bist, kannst du gar keine sinnvolle distanzierte Meinung über Sexarbeit haben” – lol?) der anderen Seite jegliche Urteilskraft abzusprechen ist ziemlich unterste Schublade der Rhetorikkommode.

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