Furios tanzt: Performative Musik

Festivals gibt es wie Sand am Meer. Mit der Verkörperung von Musik wagen sich Künstler auf dem Krake-Festival aus der grauen Masse heraus – ausgerechnet mitten in Berlin. Von Kim Mensing

Die Künstler auf dem Krake-Festival verbinden Musik mit künstlerischen Darstellungen. Foto: Kim Mensing

Das Festival verbindet Bild und Ton – wie hier Anno Stamm und Transforma. Foto: Kim Mensing

Es ist Mittwoch-Abend im Club “Urban Spree”. In einem kleinen Raum stehen etwa dreißig Menschen, sie schauen wie gebannt auf einen Künstler, der wässrige Farbe auf eine Glasplatte gießt und durch einen Schlauch feine Blasen in die Farbe pustet. Licht fällt durch die Scheibe und macht die Leinwand dahinter zu einem fluiden Kunstwerk. Begleitend läuft ruhige elektronische Musik, die keinem tanzbaren Rhythmus folgt. Das Publikum wippt höchstens anerkennend mit, ihr Blick konzentriert auf das Schauspiel gerichtet. Es ist eine gemeinsame Vorführung von Anno Stamm und Transforma – zwei von etwa 50 Künstlern, die auf dem diesjährigen Krake-Festival ihre eigene Interpretation von elektronischer Musik präsentieren.

Vielfalt in Ort und Ton

Genauso wie eine Krake ihr Tentakeln ausbreitet, verstreuen sich die Veranstaltungen über ganz Berlin. Das Festival will vor allem denjenigen eine Plattform geben, die mit experimentellen, alternativen Formen der elektronischen Musik arbeiten. Damit zieht es Liebhaber dieses Genres an, die die Kunst in der Musik sehen – und sich nicht mit tanzbaren Beats zufrieden geben.

Diese Kunst muss nicht so ruhig ausfallen wie bei Anno Stamm und Transforma, sie zeigt sich in ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Da ist der ungarische DJ Thomas Mahmoud-Zahl, der auf dem Krake-Festival sein neues Projekt „M-F-X“ vorgestellt hat. Seine Musik wirkt sich wie eine wohltuende Bassmassage aus, tut dabei aber ganz schön in den Ohren weh. Mal erinnert sie an einen Presslufthammer, dann an ein abhebendes Flugzeug. Thomas wird dafür gefeiert, dass er im Gegensatz zu anderen Künstlern nicht das Perfekte, Schöne sucht, sondern seine Musik bewusst aus Sequenzen zusammenschneidet, die andere als störend und fehlerhaft bezeichnen würden.

Freiheit der Musik

Auch die Verkörperung von Musik spielt auf dem Festival eine Rolle. Wie beispielsweise Anno Stamm und Transforma Musik in Farben ausdrücken, so erweitert Thomas seine Musik um den eigenen Körper. Mit scheinbar zerstörerischer Wut springt er hinter dem kleinen Mischpult herum, tritt gegen Boxen, reißt ein Mikro mit sich. Im Vergleich dazu wirken andere DJs wie lustlose Knöpfchendrücker und Regeldreher.

Das Publikum ist hip, aber von der Altersstruktur her gemischt. Man merkt, dass es die meisten hier vor allem aus Interesse an der Kunst der Musik herzieht. Ich kann einige beobachten, wie sie im Tanzen inne halten, die Musik nicht nur auf sich wirken lassen, sondern sie reflektieren. Auch ich bin gierig nach neuen Eindrücken. Denn das Genre ist vor allem eines nicht: langweilig. Die Künstler nutzen die Freiheit der digitalen Musik aus und entwickeln sie weiter. Das macht das Krake-Festival zu etwas ganz Besonderem in der Berliner Festival-Kultur.

Das Krake-Festival findet einmal im Jahr in Berlin statt, dieses Jahr vom 27.-31. Juli:

http://krake-festival.de/

Einen Eindruck einiger Künstler gibt es hier:

Anno Stamm: https://soundcloud.com/anstam

Transforma: http://transforma.de/

Thomas Mahmoud-Zahl: https://soundcloud.com/m-f-x-865251200

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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