Furios daheim: Arm, aber schön

Eine Vorliebe für veganen Kuchen und die letzten Plätze der Pisa-Studie: Bremen und Berlin sind trotz der Größenunterschiede gar nicht so verschieden, findet Karolin Tockhorn.

Foto: Karolin Tockhorn

Im Zentrum der Stadt findet man deren Wahrzeichen, hier den Bremer Dom. Foto: Karolin Tockhorn

Gut 315 km nordwestlich von Berlin findet man sie, die Stadt Bremen. Auch wenn sie offiziell den Status einer Großstadt hat, würden waschechte Berliner sie wahrscheinlich gerademal als „niedliches Städtchen“ bezeichnen. Und zugegeben, wenn man als gebürtige Bremerin einige Zeit in der Hauptstadt verbracht hat, erscheint einem die „Bremer City“ mit jedem Besuch etwas kleinstädtischer. Dabei sind Berlin und Bremen gar nicht so verschieden. Neben ihrem Anfangsbuchstaben teilen die Stadtstaaten auch einige ihrer Probleme: Beide sind stets hoch verschuldet und streiten sich gerne um die letzen Plätze in der Pisa-Studie.

Trotz vieler Probleme hat Bremen wirklich etwas zu bieten – und zwar mehr als sein weltberühmtes Wahrzeichen, die Bremer Stadtmusikanten. Beim Schlendern durch das Bremer „Viertel“, zum Beispiel, fühlt man sich manchmal ein bisschen wie in Kreuzberg oder Friedrichshain – natürlich in klein und halb so hip. Der vegane Kuchen, den man hier serviert bekommt, schmeckt aber mit Sicherheit genauso gut. Auch die Weser steht der Spree in nichts nach – tatsächlich fühlt sich Bremen viel mehr wie eine Stadt am Wasser an, als Berlin.

Von der Stadt ins Dorf

Etwas anders sieht das Ganze aus, wenn man nicht in Bremen-Mitte, sondern in Bremen-Nord aufgewachsen ist. Von Stadtbremern wird es gerne als Dorf bezeichnet und manche erkennen Bremen-Nord seine Zugehörigkeit zur Stadt sogar komplett ab. Wie muss es erst auf Berliner wirken? Wohlmöglich könnte man Bremen-Nord mit Berlin Spandau, oder auch „Spandau bei Berlin“, vergleichen.

Selbstverständlich hat diese Dörflichkeit nicht nur Nachteile. Die Leute kennen und begrüßen sich auf der Straße. Oft kommt es vor, dass man von Menschen, die man nicht einmal zu kennen glaubt, auf sein Studium in Berlin angesprochen wird. Sogar den Klatsch und Tratsch – oder auf Bremisch, den Schnack – über die Schwester der Freundin eines ehemaligen Klassenkameraden zu hören, ist eine nette Abwechslung. Selbst die ständige Ruhe, die einen schnell langweilen könnte, lernt man zu schätzen, für das Schreiben von Hausarbeiten ist sie nämlich äußerst hilfreich. Außerdem findet man Zeit für die kleinen Dinge, die im stressigen Großstadtalltag oft in Vergessenheit geraten. Wann käme man in Berlin schon mal dazu, sich den ganzen Nachmittag mit Gesellschaftsspielen zu vertreiben oder im Wald spazieren zu gehen?

Stadt der Kontraste

Übrigens wuchs auch Jan Böhmermann in Bremen-Nord auf; eine Tatsache, die man als Bremerin gerne mal auf der einen oder anderen WG-Party erzählt. Der Ort, den er seine Heimat nennt, ist allerdings weniger friedvoll. Das Idyll beschränkt sich nämlich nur auf einen Teil von Bremen-Nord. Harmonie und Trostlosigkeit trennen oft nur wenige Kilometer und in einigen Gegenden macht sich die Armut der Stadt um ein Vielfaches mehr bemerkbar als in anderen.

Bremen ist eben eine Stadt der Kontraste: So wie Berlin „arm, aber sexy“ ist, ist Bremen gleichzeitig arm und schön. Die Städte sind sich in vielen Aspekten zwar ähnlich aber am Ende sind es die Feinheiten, die den Unterschied machen: ein Beck’s schmeckt eben anders als ein Berliner Kindl und „Moin“ klingt auch nicht wie „Juten Tach“. Welches einem lieber ist, bleibt reine Ansichtssache.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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