Die Mächtigsten sind die, die keiner kennt

Wem gehört die Welt? Diese Frage will der Wirtschaftsjournalist Hans-Jürgen Jakobs in seinem neusten Buch beantworten. An der FU sprach er über den modernen Finanzkapitalismus. Von Rebecca Stegmann

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Wirtschaftsjournalist Hans-Jürgen Jakobs bei seiner Lesung in der wirtschaftswissenschaftlichen Bibliothek. Foto: Rebecca Stegmann

Heute ist so viel Geld wie noch nie in den Händen einiger weniger versammelt – das ist bekannt. Wie es dazu kommt und wer diese Superreichen sind erläuterte Hans-Jürgen Jakobs am 18. Mai in der wirtschaftswissenschaftlichen Bibliothek. Der Senior Editor des Handelsblattes begann seinen Vortrag vor etwa zwei Dutzend Zuhörenden mit einem Vergleich: die US-amerikanische Investmentgesellschaft Blackrock verwaltet 5,4 Billionen Dollar, das deutsche BIP betrug 2016 3,5 Billionen Dollar.

„Nach der Finanzkrise wurde stark auf die Banken geschaut. Aber wir haben nicht darauf geachtet, was mit dem Rest der Finanzwelt ist, wie der reguliert wird“, sagte Jakobs. Er machte auf die Gefahr des wachsenden Schattenbanken-Sektors aufmerksam. Das sind Akteure auf dem Finanzmarkt, die bankähnliche Funktionen erfüllen aber nicht den Status einer Bank haben und somit auch bislang nicht unter deren Regulierungen fallen. Dazu zählt auch Blackrock.

Anonyme Kapitalisten

Die Fondsgesellschaft besitzt etwa sechs Prozent Anteile an der Deutschen Bank, Adidas, Eon, BASF und vieler weiterer Firmen. Das klinge nicht nach viel, so Jakobs, andere Fonds hielten jedoch auch jeweils einige Prozent. Die Fonds wünschten sich eine Weltmarktposition für die Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, und trieben deshalb Fusionen voran. Jakobs sieht ein Risiko in dieser Unternehmenskonzentration, die parallel zur Finanzkonzentration stattfinde: „Das ist eine Form des organisierten Kapitalismus, die wenig mit der lebendigen sozialen Marktwirtschaft zu tun hat, die in unseren Lehrbüchern steht und die wir gut finden.“

Die Hedge-Fonds-Manager Ray Dalio, James Simons und Michael Platt verdienten letztes Jahr über eine Milliarde Dollar. Ihre Gesichter und Namen sind der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt, doch laut Jakobs, sind sie die wirklich Mächtigen. „Dem gehört die Welt, der das Geld bewegt“, beantwortet er die Frage, die sein Buch stellt. In dem Werk porträtiert er 200 dieser anonymen Kapitalisten. Teilweise sei es schwer gewesen, an Fotos und Daten der Portraitierten zu gelangen, weil sie, so Jakobs, nicht in die Öffentlichkeit wollten.

Eine Aktienkultur für alle

Jakobs schlägt einen „ethisch korrekten, verantwortlichen Kapitalismus“ als Lösung vor. Auf die Frage, wie genau das aussehen solle, antwortete er: „Ich bin für Chancengleichheit, für Freiheit und für Gegengewichte“. Es müsse wieder mehr Familienunternehmen geben und mehr Regulierung. Zudem sollten Menschen aus unterprivilegierten Schichten an die Aktienkultur herangeführt werden, und auch ökonomisch in die Lage versetzt werden, Geldanlagen zu tätigen. Von Alternativen zum Kapitalismus sprach er nicht.

Das Buch „Wem gehört die Welt?“ von Hans-Jürgens Jakobs erschien im November 2016 und kostet 36 Euro. Es kann in der wirtschaftswissenschaftlichen Bibliothek entliehen werden.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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