Denkzettel für Klausur-Betrüger*innen

An der Universität Hohenheim haben 48 Studierende eine Prüfung verlassen und nahezu wortgleiche Atteste vorgelegt. Die Uni erkennt diese nicht an. Die richtige Entscheidung, meint Leonhard Rosenauer.

Es muss nicht immer gleich die Doktorarbeit sein, die von einem Ghostwriter geschrieben wird. Es geht auch eine Nummer kleiner. An der Universität Hohenheim haben 48 Studierende die Prüfung Investition und Finanzierung abgebrochen. 37 von ihnen legten am selben Tag nahezu wortgleiche Atteste vor. In einer Pressemitteilung hat die Uni jetzt bekannt gegeben, dass sie die meisten der Krankmeldungen nicht anerkennt. Das ist nur konsequent, denn was die Studierenden getan haben, ist schlicht Betrug.

Drei Versuche müssen reichen

Man könnte Mitleid haben mit den Studierenden, hätten sie sich nicht so einfältig verhalten. Denn Gründe einen Prüfungstermin nicht wahrzunehmen, gibt es schließlich genug. Wenn Job, Familie, Krankheit oder ähnliches dazwischenkommen, meldet man sich nicht zur Prüfung an – oder nutzt den nächsten Versuch, um die Leistungspunkte einzufahren. Nur eines sollte man beachten: wer die Prüfung antritt, braucht einen sehr triftigen Grund, sie nicht zu Ende zu schreiben.

Bologna hin oder her, eine Grundlagenklausur sollte man in drei Versuchen schaffen. Insbesondere falls man ernsthaft einen wirtschaftswissenschaftlichen Abschluss erhalten und somit möglicherweise einmal in einer Führungsposition Personalverantwortung übernehmen will. Für die zukünftigen Chef*innen ist die Entscheidung der Uni somit schon fast als pädagogische Maßnahme zu deuten. Denn nicht nur ist der Betrugsversuch moralisch verwerflich, sondern auch über die Maße unangebracht für Menschen, welche sich berufen fühlen, Führungskräfte von Morgen zu werden. Stichwort: Vorbildfunktion.

Fairness gegenüber Kommiliton*innen achten

Schlimmer ist das Verhalten jedoch gegenüber den eigenen Kommiliton*innen. Hätte man die Atteste anerkannt, hätten die „Erkrankten” einen klaren Vorteil gegenüber ihren Kommiliton*innen erlangt. Zudem wurden die Prüflinge durch die Abbrecher*innen erheblich gestört. Denn während alle 48 sich das entsprechende Formular für einen Klausurabbruch von der Prüfungsaufsicht holten und den Raum verließen, kam es zu erheblicher Lärmbelästigung. Daraufhin bot der Lehrstuhl den Studierenden, die die Prüfung bis zum Ende schrieben, sogar an, diese zu wiederholen. Das bedeutet für Studierende, welche sich erneut für die Prüfung vorbereiten, einen wesentlichen Mehraufwand. Das gleiche gilt für Lehrende, die eine weitere Klausur erstellen und durchführen müssen.

Darüber hinaus sorgen die Betrüger*innen nun dafür, dass Studierende, die tatsächlich prüfungsunfähig waren, unter Generalverdacht stehen. Bei einigen steht eine Entscheidung des Prüfungsausschusses derzeit noch aus. Zudem werden rückwirkend 103 weitere Krankmeldungen aus dem Mai 2018 überprüft. Leidtragende sind darunter wie so oft, diejenigen, die sich korrekt verhalten haben.

Immerhin, Hohenheim dient in der Aufarbeitung des Falls als positives Beispiel: sowohl der Asta, als auch die Fachschaft WiWi distanzierten sich von dem Fehlverhalten. Zudem bezog die Uni die Gremien bei der Entscheidung zum weiteren Vorgehen mit ein. Es bleibt abzuwarten wie mit „Doctor Holiday“, dem Arzt, welcher alle Atteste ausstellte, verfahren wird. Die Stuttgarter Ärzteschaft sieht ihren Ruf in Gefahr und fordert eine Untersuchung. Klar ist: die Studierenden haben ihren Denkzettel verdient verpasst bekommen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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