Micky Maus von rechts nach links

Comics sind keineswegs ein westliches Phänomen. In seiner Ausstellung präsentiert der Wissenschaftler Nadim Damluji 90 Jahre arabischer Comic-Kultur. Yasmine Bakr hat sie sich angesehen

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Die arabische Version von Micky Maus aus den Sechziger Jahren. Foto: Yasmine Bakr

An einem kühlen Sommerabend drehte sich im Kreuzberger Café Bulbul alles um Micky Maus und Co. – auf Arabisch. Im Rahmen des Symposiums „Imaging a ‘Middle East’” präsentierte der New Yorker Wissenschaftler Nadim Damluji seine Ausstellung „Arab Comics: 90 Years of Visual Culture” in der er die Geschichte arabischer Comics aufbereitet.

Nachdem die Ausstellung bereits an zwei Universitäten in den USA gezeigt wurde, brachten sie nun das Berlin Institute for Cultural Inquiry (CIC) und das Forum Transregionale Studien nach Berlin. Als Teil dessen erforscht die Initiative Europa im Nahen Osten – der Nahe Osten in Europa (EUME) politische und kulturelle Verflechtungen zwischen Europa und dem Nahen Osten. FU-Beteiligte sind unter anderem die Professorinnen Cilja Harders vom Otto-Suhr-Institut und Gudrun Krämer vom Institut für Islamwissenschaften.

Comics jenseits des Westens

Die Comic-Kultur ist kein westliches Phänomen, „Comics gibt es in der arabischen Welt schon so lange wie es sie in Europa und in den USA gab“, erklärt Kurator Damluji. Er möchte mit der Ausstellung nicht weniger als 90 Jahre viereckiger arabischer Panelzeichnungen abbilden. Denn die ersten Comics in arabischer Sprache entstanden bereits in den Zwanziger Jahren. Westlicher Einfluss führte ab den Vierziger Jahren zur Adaption berühmter Figuren wie Micky Maus oder Superman, die jedoch der arabischen Kultur in vielerlei Hinsicht angepasst wurden. So trägt der in Deutschland als Tim von „Tim und Struppi” bekannte Tintin in der arabischen Version den Namen Timtim.

Doch nicht nur die ortsübliche Namensgebung macht die Figuren aus: in ihren adaptierten Geschichten rückt auch der Alltag in der arabischen Welt in den Vordergrund. Die hauptsächlich ägyptischen und libanesischen Künstler*innen geben den Figuren traditionelle Kleidung und Abenteuer, mit denen sich arabische Leser*innen identifizieren können. Vor diesem Hintergrund entwickelten sich in den Sechziger Jahren auch eigenständige Figuren wie Samir und Sindbad, die die arabische Identität reflektieren. Zeitgenössische Comics, die sich an ein erwachseneres Publikum richten und sich mit komplexeren Themen auseinandersetzen, markieren die aktuellste Entwicklung der arabischen Comic-Kunst.

Vielfältige Realität

Trotz der großen Zahl regionaler Konflikte, will Damluji mit seiner Ausstellung ebenfalls zeigen, dass die Comic-Kultur eine vielfältige Realität abbildet, die weit über konfliktbezogene Themen hinausgeht. Künstler*innen setzten sich in ihren Darstellungen zwar durchaus mit politischen Inhalten auseinander, sei dies der Panarabismus, der arabisch-israelische Konflikt oder der arabische Frühling, jedoch rückten sie den nicht medial erfassten Alltag in den Vordergrund. Die Tatsache, dass nicht alle Abbildungen politisiert sind, wird somit zum Politischen.

Die Ausstellung „Arab Comics: 90 Years of Visual Culture” ist noch bis zum 31. Juli im Bulbul Gallery & Cafe am Görlitzer Park zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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